So bereust du keine Fehler mehr – Interview bei #LIFEPUNK

Fehler können eine Energie haben

Wer kennt es nicht. Wir ärgern uns über unsere Fehler und bereuen sie schnell. Dabei beschimpfen wir uns selbst als Idiot, werfen uns blöd sein vor und fluchen, was das Zeug hält. Hast du denn schon mal anders darüber nachgedacht und Fehler als Energieträger gesehen? Dass Fehler Leben positiv verändern und gut tun können, erzählt Holger in dieser Video-Podcastfolge bei Peggy von Life Punk.

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Holgers größter Fehler entwickelt sich als neue Chance

Auch, wenn es damals nicht gut war – seinen größten Fehler bereut Holger heute nicht. Als Teenager driftete er damals in die rechte Szene ab. Seine Mutter war damals schwer krank und litt an einer Depression. Sogar so schwer, dass sie versuchte, sich das Leben zu nehmen. Überfordert mit dieser Situation, hatten sein Vater und seine Brüder keinen Kopf für den jungen Holger. Frustriert und sauer, suchte er woanders nach Anerkennung. Dabei hatte er sich von falschen Leuten inspirieren und Ratschläge geben lassen. Ein leichtes Opfer für diese Art von Szene.

Gott sei Dank war Holger damals nach einiger Zeit wieder davon losgekommen und hatte daraus gelernt. Was aber im Nachhinein alles andere als schön war, diesen Schritt zu wagen. Heute spricht er mit vielen Menschen über die Zeit als Rechtsradikaler und was es mit ihm machte. Jetzt weiß er, dass diese Szene gar nicht zu ihm passte. Denn Holger ist von Grund auf ein sehr sensibler Mensch. Eine Eigenschaft, die nicht wirklich dahin gehört.

Dass es gar nicht erst dazu kam, hätte man auch vermeiden können, aber es war nun mal passiert. Obwohl Vermeidung es im Endeffekt sogar noch verschlimmer kann. Fehler gehören zum Leben dazu und man kann etwas Besseres danach machen. Aufgrund dieses Fehlers macht Holger es sich heute zur Aufgabe, andere Menschen bei Fehlern zu unterstützen.

Das Schwierige an dieser Thematik war, dass er gegen seine eigenen Prinzipien und Werte ankämpfte. Irgendwann merkte er, dass er dieses Schauspiel nicht mehr lange aushalten würde. Aber im Gegenzug lieferte ihm die Umgebung Anerkennung und Freunde. Wichtige Eigenschaften, welches sein Zuhause nicht bieten konnte. Die eigene Mutter in der geschlossenen Psychiatrie und jedes einzelne Familienmitglied damit beschäftigt, mit der schlimmen Situation umzugehen. Somit war niemand da, an wen er sich wenden konnte.

Was dazu richtig weh tat, war der Prozess dagegen anzukämpfen. Auch mit psychologischer Unterstützung. Aber er wusste ganz sicher: Wenn er nicht jetzt aus der rechten Szene aussteigt, dann verliert er und geht unter. Das Austreten brachte Einsamkeit mit sich. Für die einen war er der Verräter, für die anderen der Nazi. Holger erklärt: “Für eine Weile ist niemand für dich da, wenn du diese Szene verlässt.” Das beste, was Holger machen konnte, war den Fehler als solchen zu akzeptieren und daraus zu lernen. Dadurch schaffte er es am Ende, einen Schlussstrich zu ziehen und ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Die Depression seiner Mutter war eine harte Probe – für alle Beteiligten

Wie vorher erwähnt, ging in der Familie jeder anders mit der Krankheit der Mutter um. Weil sein Vater überfordert war, fand er den Halt später bei seinen älteren Brüdern. Heute weiß er, dass das Wichtigste bei Depressionen ist, den betroffenen Menschen zu verstehen. Er las viele Bücher zu dem Thema. Die Generation seiner Eltern machte die Situation nicht gerade einfacher. Diese wuchsen in einer Zeit auf, in der sie lernten, bescheiden sein zu müssen. Das galt auch für Krankheiten, besonders der psychischen Natur. “Du musst mit deiner Krankheit alleine klarkommen.” war die Devise.

Auch, wenn es der Mutter später wieder besser ging, war es eine schlimme Zeit. Er wusste nicht, einem Menschen zu helfen, der als Kind schon darauf programmiert wurde, wegzugucken und auszuhalten. Der Glaubenssatz “Ich muss dort alleine durch” war sehr präsent und führte dazu, dass die Mutter sich ihrer Familie nicht öffnen konnte. Holger betont nochmal ganz deutlich, dass betroffene Angehörige der kranken Person keine unüberlegten Ratschläge geben sollten wie “Lächel doch mal.”, “Das wird schon wieder.” oder ähnliches. Mit ihnen ins Gespräch gehen und ehrliches Interesse zu zeigen, ist die beste Methode, diesen Menschen zu helfen.

Wie Holger über Fehler aufklärt

Einer seiner Aufgaben ist es, Menschen zu sensibilisieren, dass Fehler dazugehören und wir keine Fehler bereuen müssen. Jeder kann gut aus Fehlern lernen. Am besten funktioniert das, indem wir sie mit Emotionen verknüpfen.
„Sobald Fehler passieren und wir die richtigen Schlüsse daraus ziehen, dann macht das was mit uns.“
Dann lernen und wachsen wir. In der Karriere ist es dasselbe Spiel. Wir machen Fehler, lernen daraus und machen weiter. Jeder, der sagt, er mache keine Fehler, ist nicht ehrlich zu sich selbst. Wer keine Fehler machen will, ebenso.

Holgers Mission: Menschen positiven Umgang mit Fehlern zu erlauben und darüber aufzuklären. Dabei engagiert er sich auch für Schulen. Seiner Meinung nach sollen Schulen Potenziale fördern und nicht das Scheitern dokumentieren.

Die Aussage: “Du darfst einen Fehler nicht zweimal machen.” ergibt für ihn keinen Sinn. Man muss differenzieren und genau hinschauen: Was ist ein Fehler? Sind Fehler wirklich Fehler oder Entwicklungsfehler? Die Möglichkeit, dass etwas nicht klappt, ist immer vorhanden. Wichtig dabei ist, das Wachstumspotenzial zu sehen und das auch zu wollen.

Holger hat einen eigenen Podcast, den “Fehler(Frei)Tag-Podcast” und schreibt gerade an einem Buch, um seine Inhalte besser vermitteln zu können.

Warum sind wir deutschen so streng in unserer Fehlerkultur?

Schon in der Schule werden wir darauf konditioniert. Denn normalerweise lernen Kinder sehr gerne und sind sehr engagiert dabei. In der Schule ändert sich der Ablauf allerdings. Unser Schulsystem ähnelt immer noch einer militärischen Form. Und dann wundern wir uns, dass Lernen Kindern keinen Spaß mehr macht. In der Schule liegt der Fokus dabei auf Fehler hinzuweisen anstatt auf die Erfolge. Somit bekommen wir diese Fehlerkultur bereits in die Wiege gelegt. Kein Wunder, dass Fehler bereut und als etwas Schlechtes angesehen werden.

Dazu kommt, dass revolutionäre Eigenschaften in unserem Gehirn weiterhin eine Rolle spielen. Auch, wenn wir heute nicht mehr denselben Gefahren wie unsere Vorfahren ausgesetzt sind, ist es stark in uns verankert. Machen wir etwas falsch, dass uns von unserem Rudel ausschließen könnte, bedeutete das oftmals den Tod. Dieses Denken ist weiterhin in unserem Gehirn in Teilen verankert.

Wie agiert Holger in der Rolle als Coach

  • Als allererstes: Zuhören.
  • Andere darauf hinweisen, dass jeder das Potenzial hat, sich aus einer Situation wieder herauszuheben, die aufgrund eines Fehlers entstand. Dabei hebt Holger das Gute an einem Fehler hervor und erinnert an Ressourcen.
  • Fehler fühlen sich nicht gut an, auch Holger kann das Gefühl nicht ändern. Aber das Gute beim Geschehen zu sehen, ist wichtig und essenziell.
  • Fähigkeiten zu entwickeln, in jedem negativen Aspekt etwas Positives zu sehen und Chancen zu nutzen.
  • Tools wie “Doppeln”nutzen und Coachees u. a. dabei helfen, Dinge gelassener zu sehen

Holgers Tipps für den Alltag:

  • Feedback annehmen und umsetzen. Das fällt nicht immer leicht. Jedoch macht es einen besser und birgt große Chancen und Potenzial.
  • Zu Hause eine Atmosphäre für konstruktives Feedback schaffen.
  • Feedback als Geschenk ansehen.
  • “Macken” annehmen und sich selbst reflektieren

Hier kannst du dir den YouTube-Kanal von Life Punk und die Folge 68 anschauen: #LIFEPUNK

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